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Verliert Deutschland den Anschluss bei der Künstlichen Intelligenz?

In den vergangenen Jahrzehnten wurden im Bereich der “Künstlichen Intelligenz” (KI) große Schritte gemacht. IBMs AI-basierter Deep Blue Supercomputer schlug den amtierenden Schachweltmeister. 2012 schafften es zwei Google Forscher mithilfe von Neuronalen Netzen, einen Algorithmus darauf zu trainieren, Katzen auf Bildern zu erkennen. 2016 schlug Googles Deep Mind den weltbesten Go-Spieler. Ressourcen, die weltweit Innovationen in Bereichen der Künstlichen Intelligenz gefördert haben, wie etwa Googles Tensorflow Library oder die am weitesten verbreitete Machine Learning Library Scikit-Learn, kommen von amerikanischen Unternehmen oder Forschungsstätten. Auffallend ist, dass keiner dieser Schritte in Deutschland erzielt wurde. Es stellt sich die Frage: Verliert Deutschland – das Land der Ingenieurskunst und Innovationen – den Anschluss in dem vielversprechenden Feld? Und wieso scheint die USA federführend in dem Gebiet zu sein?

Woher kommt der Vorsprung der Amerikaner?

Die hohe Aktivität der USA im KI-Bereich kann sicherlich auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden, die sich gegenseitig verstärken: Spitzenforschung an Elite-Unis wie Stanford, Caltech, MIT & Co., eine höhere Bereitschaft für Wagniskapitalinvestitionen und eine breite Ansammlung an milliardenschweren Tech-Unternehmen wie Microsoft, Apple, Google oder Facebook. Während die Softwareentwicklung in Deutschland lange Zeit im Schatten der Automobil- und Maschinenbauindustrie stand, wuchsen in den USA die Tech-Firmen, die heute auch die KI-Entwicklung voranbringen. Besonders hervorzuheben ist auch die Rolle von Google, die nicht nur die weltbesten Forscher in dem Gebiet zu sich locken konnten, sondern auch Entwicklungen der breiten Öffentlichkeit als Open Source Lösungen frei zugänglich machen. Eine der heute beliebtesten Programmiersprachen, Python, kommt von einem Google Entwickler und auch die bahnbrechenden Libraries Tensorflow und SciKit Learn entstammen aus Projekten des Suchmaschinengiganten.

Der Stand der deutschen Forschung in der KI-Landschaft

Steht der amerikanischen Dominanz ein akademisches Niemandsland in Deutschland gegenüber? Mitnichten. An so gut wie jeder Universität in Deutschland gibt es Lehrstühle für KI-Themen. An führenden Technik-Unis entstehen Forschungscluster, die eng mit Unternehmen zusammenarbeiten. So wurde 2018 die “Munich School of Robotics and Machine Intelligence” an der Technischen Universität München (TUM) gegründet, die zusammen mit Industrieunternehmen und Startups KI- und Robotik-Lösungen in den Bereichen Gesundheit, Arbeit und Mobilität entwickeln will. Zudem wurde eine enge Zusammenarbeit zwischen Google und der TUM zur Förderung der KI-Forschung vereinbart. Auch im Rest Deutschlands tut sich viel: Die Uni Würzburg erhält einen Forschungsneubau und sechs neue Professuren. In Deutschlands Südwesten entsteht an den Universitäten in Saarbrücken, Darmstadt, Karlsruhe und Kaiserslautern in Verbindung mit dem Max Planck Institut, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und zwei Frauenhofer Instituten ein leistungsfähiges Forschungscluster.

Die Rolle von deutschen Unternehmen und Startups

Deutschlands Industrie schläft nicht: Autohersteller wie Daimler und BMW forschen an autonomen Fahrzeugen und arbeiten daran, KI-basierte Assistenten in Serie zu bringen, Bosch investiert hunderte Millionen in die Erforschung von KI-Anwendungen. Sogar die nicht gerade für Innovationsfreude bekannte Finanzbranche befasst sich mit KI-Lösungen: die Commerzbank arbeitet etwa mit seiner Beteiligung Retresco an dem automatisierten Verfassen von Analystenberichten. Auch in Deutschlands KI-Startup-Landschaft herrscht geschäftiges Treiben. Erst neulich überraschte das Kölner Unternehmen DeepL die Welt damit, einen besseren Übersetzer als Google anbieten zu können, e-bot7 baut Chatbots für Unternehmen und celonis verbessert Prozesse durch Datenanalyse (und gehört seit Neuestem zum Club der Startups mit Milliarden-Bewertung). Hört sich so weit alles gut an – doch wo liegen die Probleme?

Forschungsinseln statt verbreitetes Skillset

Wie bereits beschrieben sind Deutschlands Unternehmen und Universitäten durchaus aktiv und in der Lage, Spitzenforschung zu betreiben. Das Problem liegt darin, dass es sich dabei um „Forschungsinseln“ handelt, aus denen nur langsam neue Unternehmen entstehen. In der schulischen Ausbildung und Studiengängen abseits der Informatik, Mathematik oder Ingenieurswissenschaften sind Themen wie Datenanalyse oder Maschinelles Lernen – wenn überhaupt – Randerscheinungen. Doch gerade da liegen die großen Potentiale: Wenn Medizin-Studenten anfangen, über Tensorflow und Co. Röntgen-Bilder zu analysieren, wenn Schüler in ihrer Freizeit an Kaggle-Challenges (eine Plattform für Data Science Wettbewerbe) teilnehmen, wenn Geographie-Forscher über Satellitenbilder Algorithmen zur Vorhersage von Flüchtlingsströmen bauen können.
Ein weiteres Problem ist, dass in Deutschland die Finanzierung von jungen Unternehmen immer noch hinterherhinkt: Es ist erheblich schwieriger, Geld für komplexe Ideen einzusammeln, die sich erst in der langen Perspektive monetarisieren lassen, als für leicht verständliche eCommerce-Startups.

Ein Plan für die Politik – und die Frage, ob die Bedeutung der KI nicht überbewertet wird

Der recht junge „KI-Bundesverband“ setzt sich für eben jene Interessen ein. In einem im Juni veröffentlichten 9-Punkte-Plan fordert der Verband unter anderem Datenkunde als Pflichtfach ab der dritten Klasse, die Schaffung eines international führenden Research-Hubs mit mindestens 1000 Forschern und jährliche Förder- und Finanzierungsmittel in Höhe von 5 Milliarden Euro. Eine weitere interessante Forderung ist die Etablierung von sicheren „Open Data Pools“. Tatsächlich sind für die Forschung an Machine Learning Algorithmen fast ausschließlich amerikanische oder chinesische Daten verfügbar – was dazu führt, dass auf diese Länder zentrierte Lösungen gebaut werden.
Bei all der Euphorie um Maschinelles Lernen und Co. kann schnell der Verdacht aufkommen, dass der ganze Bereich überbewertet wird. Tatsächlich gibt es daneben etliche weitere interessante und förderungswürdige Richtungen, die zurzeit deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit erfahren, wie die Robotik, Industrie 4.0 oder Medizintechnik. Aus unserer Sicht ist das allerdings keine „Entweder-Oder“ Entscheidung, da all diese Forschungsfelder stark miteinander vernetzt sind und voneinander profitieren. Eine Förderung der KI-Forschung und -Entwicklung geht somit einher mit der Förderung von Deutschlands Innovationskraft. Bleibt zu hoffen, dass die 9-Punkte des KI-Bundesverbandes Gehör finden.

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